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Robotertechnik: In der Schule der digitalen Assistenten

Robotertechnik

Linz – Die Fertigung der Zukunft wird variantenreicher. Eine Industrie, die je nach Kundenwünschen ihre Produkte in vielen verschiedenen Ausformungen herstellt, steht vor neuen Herausforderungen. Dazu gehört auch, menschlichen Arbeitskräften dabei zu helfen, den Überblick über die komplexer werdenden Produktionsvorgaben zu bewahren. In diesem Szenario schlägt die Stunde neuartiger Assistenzsysteme, die Informationen zur Produktion zur richtigen Zeit zugänglich machen oder mittels Roboterarmen Arbeitsmaterial zureichen.

Derartige Assistenzsysteme zu entwickeln, haben sich Forscher der FH Oberösterreich im Projekt HCW4i (Human Centered Workplace 4 Industry) zum Ziel gesetzt, das im Rahmen des Coin-Programms der Förderagentur FFG vom Wissenschaftsministerium gefördert wird. "Mitarbeiter müssen nicht alle Varianten einer Produktion auswendig kennen. Und für das Unternehmen reduziert sich der Anteil der Ausschussware", fasst Projektleiter Roman Froschauer, der sich an der FH OÖ mit Automatisierungstechnik beschäftigt, die erhofften Vorteile zusammen.

Im Lauf des vierjährigen Projekts soll ein Baukasten an digitalen Methoden generiert werden, der je nach Anforderung eingesetzt werden kann. Ein beispielgebender Arbeitsplatz mit Assistenzsystemen und kollaborativer Robotik wird an der FH für Anwendungsfälle der Wirtschaftspartner optimiert.

Ein gutes Beispiel für variantenreiche Produktion liegt für Froschauer in der Assemblierung von Industrie-PCs – ein Bereich, in dem auch einer der Wirtschaftspartner im Projekt beheimatet ist. Die Computer werden kundenspezifisch mit den jeweils richtigen Platinen konfiguriert – kaum ein Gerät gleicht dem anderen. "Es mag ein banales Feedback sein, aber Mitarbeiter bekommen immer wieder Probleme mit dem Nacken, wenn sie acht Stunden lang den Kopf heben müssen, um auf einem Monitor nachzuschauen", erklärt der Forscher einen der Ansatzpunkte für Optimierungen. Ähnliches gelte auch für Kommissionierungstätigkeit, also das Zusammenstellen bestimmter Artikel für den Versand – auch hier könne durch elektronische Hilfsmittel die menschliche Arbeit stark erleichtert werden.

Datenbrille und Projektionen

Wie können diese Assistenzsysteme konkret aussehen? "Bildschirme können durch andere bildgebende Verfahren ersetzt werden. Man könnte Inhalte etwa direkt auf die Produktionsfläche projizieren", gibt Froschauer ein Beispiel. Für Lern- und Übungsprozesse wären auch Datenbrillen geeignet, die das Blickfeld mit virtuellen Inhalten überblenden. Kleine Animationen könnten dabei etwa veranschaulichen, wo ein Bauteil hingehört.

Bei den robotischen Helfern geht es im einfachsten Fall darum, die unmittelbare Erreichbarkeit von Produktionsmaterial zu verbessern oder schwere Gegenstände zu heben. Montagematerial könnte dem Menschen im richtigen Moment durch einen Roboterarm gereicht werden. In der kollaborativen Robotik sei besonders wichtig, dass das Assistenzsystem dem menschlichen Mitarbeiter kommuniziert, was der Roboterarm als Nächstes tun wird, erklärt Froschauer. Damit soll nicht nur die Zusammenarbeit verbessert, sondern auch dazu beigetragen werden, dass das Vertrauen in die Maschine größer wird. Bei neuer Zusammenarbeit könnte hier eine Sprachausgabe helfen; auch ein kleines Display am Roboterarm, das die nächsten Bewegungen anzeigt, ist eine Option.

Situation erkennen

Ein System, das in dieser Weise hilfreich sein soll, muss nicht nur einen konkreten Produktionsablauf kennen, es muss auch die realen Vorgänge erkennen können. Eine entsprechende Bildsensorik verfolgt dabei die einzelnen Bauteile und sorgt dafür, dass sie verlässlich einem Produktionsstatus zugeordnet werden können.

Wie erfolgreich die neuen Hilfssysteme sein können, hängt nicht zuletzt davon ab, wie einfach sie implementierbar sind. "Eines ist klar: Wenn der Aufwand höher ist, als die Maßnahme dann in der Produktion bringt, wird das keiner machen", gibt Froschauer zu bedenken. Ein wichtiges Forschungsziel ist es deshalb, die Systeme weitgehend automatisch mit Informationen aus den bestehenden IT-Systemen eines Unternehmens bespielen zu können. Stücklisten und andere Datenblätter sollen mit der richtigen "Übersetzungssoftware" zum Know-how des Assistenzsystems werden.

Ein Nutzen muss aber vor allem auch für den Anwender am Arbeitsplatz gegeben sein. "Die Assistenz muss von den Mitarbeitern akzeptiert werden, so der Forscher. "Viele sind skeptisch. Dabei sollen die Systeme nicht den Menschen ersetzen, sondern ihn optimal in den Produktionsablauf integrieren helfen."

Quelle: http://derstandard.at/2000049255247/Robotertechnik-In-der-Schule-der-digitalen-Assistenten, Alois Pumhösel